Juni 2019, Finnland

Was sind für Euch Tiere, die stellvertretend für absolute Wildnis stehen? Sicher fallen da jedem andere ein, aber bei vielen wird der Bär und der Wolf an oberster Stelle stehen. So auch bei mir. Angeregt von den vielen Diskussionen über die Rückkehr der Wölfe in Deutschland, wollte ich aber diesen Tieren in ihrer absolut heimischen Wildnis gegenüberstehen. Eine wundervolle Möglichkeit bietet sich da in Finnland bei Lassi und Sami Rautiainen (www.wildfinland.org). Sie betreiben ein Camp an der russischen Grenze und bieten unter vielen anderen Outdoor-Aktivitäten auch die Fotografie aus Beobachtungshütten heraus an. Man ist die ganze Nacht über in solch einer Hütte und kann die Geräusche und Erlebnisse um einen herum von dort aus genießen. Natürlich ist das sehr komfortabel. Dennoch bleibt es eine Beobachtung von Wildtieren, ohne Garantie. Denn sie leben in den weiten Wälder Finnlands und den angrenzenden noch viel größeren Wildnisgebieten von Russland.

Das Licht der ewigen Sonne wurde abgelöst von der besonderen Atmosphäre eines 2 stündigen Sonnenuntergangs, welcher nahtlos in den Sonnenaufgang überging. Es ist grandios, welche Änderung eine gleiche Ansicht von Landschaft in einer einzelnen Nacht durchlebt. Das Gurgeln der Raben oder wenn man Glück hat, das Rufen der Singschwäne begleitet die Nacht. Früh stand leichter Nebel über dem Boden und direkt gegen die aufgehende Sonne erzeugt dies ein absolut unvergleichliches Licht. Aber das sind alles Randbedingungen, Statisten oder Beiwerk. Das Glück und die Erfahrung von Lassi und Sami, in welcher Nacht vermutlich Wölfe und Bären auf der großen Lichtung erscheinen, lassen solche Stunden unvergesslich werden. Denn plötzlich bewegt sich etwas größeres, erst am Rand, zwischen Bäumen… versteckt, witternd, prüfend. Dann sind sie da. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn ein Wolf sich entfernt setzt und mit einer Seelenruhe, gefühlt eine Ewigkeit, einem genau in die Augen schaut. Weiß er, dass in einer solchen „Bretterbude“ jemand sitzt, der genau jetzt völlig aufgeregt ist und versucht alles bestmöglich zu fotografieren?
So weise wie der Blick des Wolfes wirkte, weiß er mehr als wir annehmen.
Es war spannend zu beobachten, wie unterschiedlich die Wölfe auftraten, souverän oder scheu mit eingezogenem Schwanz. Der eine strahlte Eleganz und Erfahrung aus, während der andere von Nebelkrähen attackiert wurde und stets geduckt lief.

Wir hatten das Glück, diese beiden Wölfe für eine längere Zeit beobachten zu können. Als dann noch Seeadler auftauchten und sich im Gegenlicht in die alten, knorrigen Bäume setzten, hatte sich der ganze Aufwand für mich mehr als gelohnt. Aufgeregt verließen wir dann früh gegen 8.00 Uhr die Hütte und die anfängliche Hitze im engen Inneren und die später einsetzende Kälte waren längst vergessen.
Dabei war es mir sehr wichtig, mir stets des Ortes an dem wir uns hier befanden bewusst zu sein. In Gedanken flog ich wie ein Vogel über der Landschaft, endlos in alle Richtungen schauend und sah Sumpf, Wald, Lichtungen und kleine Seen. Alles Lebensraum von Wolf und Bär….. Lebensraum, welchen wir ein paar Nächte mit Ihnen teilten.

 

Fotohuette von Lassi Rautiainen

 

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